Ein gesundes Gefühlsleben haben bedeutet, das ganze Gefühls- und Erlebensspektrum, das uns das Leben anbietet oder manchmal auch zumutet, zulassen zu können und es zu erfahren. Dazu gehört auch das Traurig-sein.
Traurigkeit drückt sich in einer Bandbreite von unterschiedlichen Erlebensweisen aus. Es kann auf der einen Seite des Spektrums als ein Anflug von Traurigkeit erlebt werden – vielleicht wie eine Art Melancholie. Und man kann auf der anderen Seite des Spektrums so schmerzlich von etwas getroffen sein, dass es sogar körperlich wehtut. Der Auslöser der Traurigkeit spielt bei der Intensität des Gefühlserlebens natürlich eine wichtige Rolle. Aber es ist vor allem die innere Beziehung, die ich zum Erlebten habe. So kann es einen Menschen trauriger machen, wenn er von einer Person, die ihm sehr wichtig ist, bei einer Verabredung versetzt wird, als wenn er vom Tod eines flüchtigen Bekannten hört. Traurigkeit ist subjektiv, weil Traurigkeit ein Gefühl ist.
Wenn junge Menschen erstmals verliebt sind und die Erfahrung machen, wiedergeliebt zu werden, sind sie überglücklich.
Trennt sich nach kurzer Zeit großer Verliebtheit einer der PartnerInnen, dann ist die Traurigkeit beim verlassenen PartnerIn mutmaßlich so groß wie vorher die Verliebtheit war: Der oder die Verlassene hat Liebeskummer.
Doch meistens vergeht die Traurigkeit auch wieder, weil Traurigkeit ein Gefühl ist, das, wie alle Gefühle, kommt und geht.
Manchmal aber bleibt die Traurigkeit und geht nicht wieder weg. Doch der Ausdruck der Traurigkeit verändert sich. Das Weinen will vielleicht nicht mehr aufhören… Oder die Tränen sind zwar versiegt, aber stattdessen haben Betroffene an nichts mehr Freude. Sie ziehen sich sozial zurück und haben nicht selten auch Mühe, ihren Alltag zu bewältigen.
In diesem Fall handelt es sich nicht mehr um Traurigkeit, sondern um eine depressive Episode, die man ernstnehmen muss. Eine Depression erkennt man an unterschiedlichen Symptomen, die nicht immer gemeinsam auftreten müssen. Dazu gehören u.a. Schlafprobleme, insbesondere morgendliches Früherwachen, stundenlanges Grübeln und sich Sorgen und Ängstigen, Appetitlosigkeit oder auch übermäßiger „Schokoladenhunger“, Verlust an Lebensfreude, Rückzug von Freunden und Bekannten, sich krank fühlen und häufiger am Arbeitsplatz krank melden u.a. Bis hin zu ersten Gedanken daran, dem eigenen Leben ein Ende zu setzen. Spätestens dann ist professionelle Hilfe unverzüglich notwendig. Das Anonyme Sorgentelefon/ TelefonSeelsorge kann allererste Krisenhilfe anbieten, wenn kein anderer AnsprechpartnerIn zur Verfügung steht. Der Gang zum Haus-oder Fachärztin (Psychiater, Neurologin) sollte schnell folgen, um weitere notwendige Schritte miteinander zu besprechen und die Diagnose abzuklären, damit es schnell wieder aufwärts geht. Doch am besten lässt man es erst gar nicht so weit kommen und holt sich professionelle ärztliche oder/und psychologische Unterstützung, sobald man erste depressive Symptome an sich bemerkt. Eine Psychotherapie oder eine psychologische Beratung können helfen. Auch die zusätzlich ärztlich verordnete und ärztlich begleitete Gabe von Medikamenten wie beispielsweise Antidepressiva unterstützen, seelisch zu gesunden und die Lebensfreude wiederzugewinnen.
