2. Fordern als Heraus-Fordern

Das Wort „fordern“ löst nicht immer angenehme Gefühle aus… Bereits als Kinder erleben wir, dass wir Forderungen gerecht werden müssen. Oft sind es Forderungen, die das Gegenteil dessen sind, wozu man gerade Lust hat. Kinder müssen ihr Spiel unterbrechen, weil sie schlafen gehen oder essen sollen- oder im späteren Alter, weil sie ihre Hausaufgaben machen müssen, für die Schule lernen, leidige Pflichten im Familienhaushalt erledigen sollen, ihr Kinderzimmer aufräumen usw. Je älter man wird, desto mehr dominieren Forderungen unser Leben. Wir müssen herausfinden, welchen Beruf wir ergreifen wollen, wir müssen unseren Lebensunterhalt verdienen. Wenn wir Familie haben, nicht nur für uns selbst, sondern auch für unseren Nachwuchs sorgen. Wir müssen uns dem Wettbewerb in einer Leistungsgesellschaft stellen; Hinzu kommt, dass auch im persönlichen Bereich Partner*in, Freunde und Familie Forderungen an uns stellen, die wir häufig nur erfüllen können, indem wir uns selbst und unsere Bedürfnisse zurückstellen. Daraus entsteht manchmal das Gefühl „zu kurz zu kommen“.  Es wäre besser und gesünder für uns, wenn wir manche Forderung zurückweisen würden. Doch viele glauben, dass sie jede Forderung, die von außen an sie gestellt wird, erfüllen müssen. Warum viele dies glauben und deshalb manchmal Forderungen erfüllen, die ihnen schaden, ist eine Tatsache, die ich gerne an anderer Stelle thematisieren möchte.

Heute jedoch möchte ich über die positive Seite von „Fordern“ sprechen- nämlich die Forderung als Heraus-Forderung.  Das macht einen entscheidenden Unterschied! Es ist eine Herausforderung, einen konstant stressigen Arbeitsalltag leben zu müssen, der uns an unsere körperlichen, geistigen und psychischen Grenzen bringt. Es ist ebenfalls eine Herausforderung, keine Arbeit zu haben, die dem Leben Struktur und Bedeutung gibt- sei es durch Arbeitslosigkeit oder im Ruhestand. Es ist eine Herausforderung, wenn Brüche im Leben und Krisen zu bewältigen sind; wenn Freundschaften und Liebesbeziehungen; wenn berufliche Ziele oder Lebensvisionen scheitern. Meine Kraft, mein Wille und meine ganze Energie sind gefordert, wenn ich mich diesen und anderen Herausforderungen stelle. Folgende Schritte sind zu bewältigen:

  1. Die Realität anerkennen: Ich darf die Situation nicht leugnen oder vor ihr davonlaufen, sondern muss die Situation so realisieren, wie sie ist.
  2. Die Herausforderungen beschreiben: Hindernisse, Probleme, Schwierigkeiten erkennen und beschreiben.
  3. Die Gefühle anerkennen: Meine unangenehmen Gefühle wahrnehmen und anerkennen: sie dürfen da sein!
  4. Sich selbst wertschätzen: Mich selbst dafür wertschätzen, dass ich mich traue, die eigenen Gefühle von Angst, Hilflosigkeit, Schmerz usw.  anzuerkennen.
  5. Eigene Ressourcen erkennen: Welche Ressourcen stehen mir zur Verfügung, um die Herausforderung anzunehmen? Hier kann die Frage helfen:  Was ist mir bereits in anderen schwierigen Situationen gelungen… Was habe ich gemacht, wer oder was hat mir dabei geholfen?
  6.  Andere Hilfen und Ressourcen vermuten: Wer oder was könnte mir vielleicht helfen? Was tun andere, um sich helfen zu lassen? Sich Hilfe holen.
  7. Einen ersten kleinen Schritt tun: Ich tue zum Beispiel etwas, von dem ich aus anderen Situationen in der Vergangenheit weiß, dass es mir ein wenig hilft; Ich hole mir Unterstützung: eine Freund*in anrufen; Mich z.B. im Internet informieren, welche Anlaufstellen es für meine Herausforderung gibt; Einen Beratungstermin vereinbaren, usw. 

So wird die Herausforderung, die viel von mir fordert, zu einer Chance, an der ich innerlich wachse und reife.