Fordern als Auf-Fordern

Wenn man die Aufgabe bekäme, eine Liste aller unschönen Begriffe aufzuschreiben, dann wäre er ganz bestimmt dabei- der Begriff: Fordern.

Ein unsympathischer Begriff, wenn wir dabei an all die Forderungen und das Gefordert-Sein denken, mit dem wir es seit unserer Kindheit mal mehr und mal weniger zu tun haben. Es ist in der Regel mit Anstrengung verbunden, wenn ich gefordert bin. Dennoch sind wir auch dankbar für manches Gefordert-Sein, weil es meistens auch Bestätigung und Sinnhaftigkeit für uns und unsere Arbeit mit sich bringt. Dennoch hat es auch die unschöne andere Seite, die häufig als Überforderung und Leistungsdruck erlebt wird. Beides ist krank machend und frustrierend und es braucht manchmal einen längeren Prozess, bis man sich einer unguten Überforderung erfolgreich erwehren kann. Da ist es manchmal gut, wenn ich nicht allein damit bin, sondern wenn ich Unterstützung von Familie, Freunden oder auch professionellen Helfern habe. Ich möchte jedoch heute über ein anderes Fordern sprechen. Wenn ich die Silbe Auf vor das Fordern setze, ist es ein vollkommen anderes Wort, nämlich: Auffordern.

Auffordern ist ein Ermutigen, ein Bestärken. Die Vorsilbe Auf ist eine Bewegungssilbe: Sie weist nach oben. Sie bedeutet Aufrichtung, auf eigene Beine zu stehen kommen, losgehen, etwas anfangen. Wenn ich aufgefordert werde oder aufgefordert bin, dann bin ich auch dazu ermächtigt, etwas zu tun. Da glaubt jemand daran, dass ich etwas hinbekomme.  Daher ist es auch wichtig, wenn ich mich selbst immer mal wieder auffordere, aus meiner Komfortzone herauszukommen, etwas zu wagen, vielleicht auch mal eine gewisse Trägheit zu überwinden und einen Schritt nach vorn zu machen. Dies aber immer mit einem wohlmeinenden und liebevollen Ton und Blick. Hier kommt es tatsächlich auf das Wie an. Schreie ich mich selbst an: „Nun mach mal endlich, sei nicht so bequem! Reiß dich zusammen.“ Oder schaue ich mich wohlmeinend an und nicke mir selbst freundlich und ermutigend zu, so wie ich ein mir anvertrautes Kind ermutigen würde, das mir am Herzen liegt und dessen Leben mir wichtig ist.

Und wenn es dennoch nicht sofort klappt mit der Aufforderung, dann seien Sie nachsichtig mit sich selbst, so wie Sie es auch mit einem Kind sind, das Ihnen lieb und teuer ist. Vielleicht klappt es morgen und wenn nicht, dann ganz bestimmt an einem anderen Tag. Geben Sie nicht auf, sondern seien Sie nachsichtig mit sich, aber bleiben Sie dran!  Und sollte es wirklich nicht klappen, dann liegt es vielleicht auch an dem, zu was Sie sich auffordern wollen. Vielleicht ist das zu hinterfragen…